Der Museumsbunker Ro 1 war als MG-Schartenstand mit Gruppe konzipiert und stand am rechten Rand des Bataillonsabschnittes Rotenacker (= Ro). Der Kampfstand gehörte zum ersten Teil des Ausbaus und bildete die Nahtstelle zwischen der Verteidigungslinie entlang dem Flussufer und der vom Fluss abgesetzten Verteidigungslinie.
Verteidigungsaufgabe
Nach Sprengung aller Flussübergänge wären die Soldaten Dank des Flusses vor feindlichen Kampfwagen sicher gewesen. Die Kampfaufgabe aller Bunker teilte sich in eine Fern- und Nahaufgabe auf. Im Fernbereich bestrich das schwere Maschinengewehr im Kampfraum das westlich gelegene Flusshindernis (östlich gelegenes Nachbarbauwerk beschoss Flussufer nördlich und östlich vom Kampfstand Ro 1). Im Nahbereich verteidigte eine 13-köpfige Gruppe Soldaten aus Feldstellungen zusammen mit der Waffe im Kampfraum das Umfeld des Bauwerks gegen einen möglichen Angreifer.
Baulicher Umfang
Der Bunker Ro 1 verfügte zur Erfüllung seiner Aufgaben über einen Kampfraum mit schwerem Maschinengewehr, einen Bereitschaftsraum und Zugführerraum zur Unterbringung der 21-köpfigen Besatzung und eine Gasschleuse. Das schwere Maschinengewehr bedienten 5 Soldaten, der Zugführertrupp umfasste 3 Soldaten und die 13-köpfige Einheitsgruppe komplettierte die Bauwerksbesatzung.

Technische Ausführung
Die bauliche Ausführung in der Stärke B1 bedeuteten 1 m dicke Außenwände, eine Deckenstärke von 0,8 m und eine Bodendicke von 0,5 m. Die Betonkonstruktion verstärkte eine kubische Armierung aus Stahlstäben und eine Deckenkonstruktion aus Stahlträgern und Stahlbeton. Um die Widerstandsfähigkeit des Betonkörpers zu erhöhen, goss die ausführende Firma das 160 m³ große Bauwerk ohne Unterbrechung, um Schwachstellen durch Verarbeitung von Frischbeton auf bereits ausgehärtetem Beton zu verhindern.
Der Museumsbunker Ro 1 in Zahlen
Baujahr: | 1935 | |
Betonvolumen: | 160 m³ | |
Baukosten: | 46.000 RM | |
Besatzung | 21 Mann | |
Bewaffnung: | MG 08 (sMG) | |
Bauwerksnummer: | 346 (Ro 1) |
Bauzeit
Die Festungsdienststelle Ludwigsburg (später Festungspionierstab 12) plante die technische und bauliche Ausführung des Bunkers Ro 1, kaufte das Baugrundstück und schrieb den Bauauftrag aus. Den Auftrag erhielt ein örtliches Bauunternehmen (Gebr. Schwemmer), das im Frühjahr/Sommer 1935 innerhalb weniger Monate den Bau ausführte. Nach Fertigstellung erhielt das Bauwerk eine Erdanschüttung, Tarnbepflanzung und Friedenstarnung.
Kriegszeit
Während dem Zweiten Weltkrieg nutzte ein nahe gelegenes Unternehmen (Fa. Elbe) den Bunker als Schutzraum bei Luftangriffen. Gegen Ende des Krieges rüstete die Wehrmacht den Kampfstand Ro 1 wieder für die Kämpfe aus und Einheiten einer Volksgrenadierdivision (104. GR der 47. VGD) besetzten den Stand. Zu Kampfhandlungen kam es im Umfeld des Bauwerks nicht und nach 12 Tagen zogen sich die deutschen Soldaten kampflos aus Bissingen zurück.
Nachkriegszeit
Nach dem Krieg sprengten die Alliierten den Großteil der Bauwerke. Die angrenzende Bahnlinie und die naheliegenden Wohnhäuser verhinderten eine Sprengung des Museumsbunker Ro 1. Schrotthändler bauten den Großteil der sogenannten Panzerbauteile inklusive der 7,5 Tonnen schweren Stahlschartenplatte aus.
Danach lag das Bauwerk frei zugänglich im Waldstück und war ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche, die es mit allerlei alten Möbelstücken wohnlich einrichteten. Nachdem das neue Bunkerinventar in Flammen aufging und die örtliche Feuerwehr zum Löschen anrücken musste, verschloss die Stadtverwaltung die Zugänge. Allerdings hatten Interessierte schnell wieder einen Zugang freigelegt und die Nutzung als Abenteuerspielplatz und Treffpunkt für Jugendliche setzte sich fort.
Restauration
Die bisher letzte „Nutzungsphase“ des Museumsbunkers Ro 1 startete 1999 mit einem Nutzungsvertrag zwischen der Gemeinde Bietigheim-Bissingen und dem örtlichen Geschichtsverein. Das alte Bauwerk sollte zugänglich gemacht werden und interessierte Besucher über die Geschichte und Technik der Neckar-Enz-Stellung informieren. Dafür gründete sich innerhalb des Geschichtsvereins der Arbeitskreis Bunkerforschung.
Die Lage in einem Landschaftsschutzgebiet verbietet den Einsatz schweren Geräts und die ehrenamtlichen Helfer legten in wochenlanger Handarbeit mit Spitzhacke, Spaten und Schaufel den Eingangsbereich und die Innenräume des Bauwerks frei. Große Mengen Müll, Stahlschrott und Bauschutt mussten mühsam vom Erdreich getrennt werden. Danach startete der Kampf gegen den Rost an zahlreichen Stahlteilen und die Innenwände musste von Schmutz und Russ gesäubert werden.
Nachdem das Innere sauber und frisch gestrichen war (Wände mit transparenten Schutzanstrich), legten die Stadtwerke ein Erdkabel zum Museumsbunker und im Bauwerk führte der Arbeitskreis die Elektroinstallation aus. Das Bestückung des Bunkers mit Türen, Verschlüssen, Betten, Ofen, Schutzlüfter und weiteren originalen Einbauten schloss die erste Phase der Restauration ab und im September 2000 folgte der erste Öffnungstag im Rahmen des bundesweiten Tag des offenen Denkmals.
In der zweiten Phase der Instandsetzung musste für den Kampfraum die 3,6 m breite und 2,7 m hohe Stahlschartenplatte nachgebaut werden, nachdem sich der Einbau eines Originalbauteils nicht bewerkstelligen ließ. Der Schartenplattennachbau erhielt originale Verschlüsse für den Sehschlitz und die Schießscharte. Mit dem Nachbau des fehlenden Türrahmens für die Panzertüre in den Kampfraum schlossen die Restaurationsarbeiten ab.


Museumsbetrieb
Heute kann der interessierte Besucher für kurze Zeit in die Welt der Bunker eintauchen. In regelmäßigen Führungen und anhand der Aushänge erhält der Interessierte Informationen über den Bau, das Leben und die Geschichte des Bauwerks. Die originalgetreu wiederhergestellten und eingerichteten Räume lassen erahnen, wie das Leben in einem solchen Betonbauwerk gewesen sein muss.